Die Philippinen – Teil 2 (feat. Pro Goenning)
Ein exemplarischer Trip durchs Land
Ich knüpfe mal direkt an den letzten Artikel an. Um von Malapascua Island nach Moalboal zu gelangen, stand uns eine Tagesreise bevor, obwohl die Orte gar nicht so weit auseinanderliegen. Es ist nämlich auch typisch für die Philippinen, dass man sehr viel Zeit einplanen muss, um von einem Ort zum nächsten zu gelangen, sofern diese nicht direkt beieinander liegen oder wenn man versucht, kostengünstig zu reisen. Erst recht, wenn die Orte auf unterschiedlichen Inseln liegen. Da die Philippinen aus über 7.000 Inseln bestehen, kommt das, wie bei unserem Aufenthalt in diesem schönen Land, schon häufiger vor.
Unsere Route von Malapascua Island bestand aus der Fahrt mit der Fähre von der kleinen Insel nach Maya auf die große Insel. Von dort ging es weiter nach Cebu City in einem Van mit eigentlich neun Sitzplätzen, die wir uns mit 20 anderen (!) Menschen und einem Huhn teilen mussten. In Cebu City ging es mit dem Taxi vom Nordterminal zum Südterminal weiter. Vom Südterminal dann mit dem öffentlichen Bus ins Zentrum von Moalboal und von dort mit dem Tricycle in den Ortsteil Panagsama, in dem sich unser Backpacker Hostel befand. Für einen typischen Ritt durchs Land hat eigentlich nur der Inlandsflug gefehlt.
Der alte, weiße Mann und die Philippina
Eigentümer unseres Hostels ist Thomas, um die 40 und Harley Davidson-Fan aus Deutschland. Ob er eine Philippina zur Frau hat, war nicht zu erkennen. Die meisten Besitzer der Unterkünfte und Restaurants, die wir gesehen haben, waren deutsche, englische und vor allem schwedische Männer ab 50 aufwärts, die ausgewandert waren und eine um 20 bis 30 Jahre jüngere Philippina geheiratet haben. Wie uns erzählt wurde, gibt es auch Europäer/Amerikaner, die nicht ausgewandert sind und ihren philippinischen Freundinnen monatlich Geld schicken. Die Männer wissen dann allerdings nicht, dass sie ihre Freundin oftmals mit zwei, drei anderen Ahnungslosen teilen. Manche Philippinas suchen sich angeblich gerne ausländische Männer, weil ihnen ihre männlichen Landsleute zu faul und antriebslos sind.
Eindrücke von Moalboal
Pro Goennig
In Moalboal haben wir uns mit meinen Freund und Kollegen Stefan (Schocki, Schocksen) und seinem Freund Marcel (Burrito, Zaunos) vom Celler Trinkverein „Pro Goenning“ (Professionelles Trinken) getroffen. Mir war der Verein Pro Goenning bis dahin gar nicht bekannt. Ich kannte von Schocki lediglich den Begriff „goennen“, der vom Verb gönnen abgeleitet wird und für den Verzehr von Alkohol steht.
Pro Goenning wurde vor mehr als zehn Jahren von circa acht jungen Männern, unter anderem Schocki und Zaunos, in Westercelle gegründet und hat den Zweck, dem professionellen Trinken zu frönen. Der nichteingetragene Verein trifft sich einmal im Jahr zur Jahreshauptversammlung, auf der aus den einzelnen Ressorts (z.B. Ausland, Marketing, etc.) berichtet und dann zum professionellen Trinken übergegangen wird. Während der restlichen Zeit des Jahres bleibt der Verein in einer Whatsapp-Gruppe in Kontakt, in der sich die Mitglieder schreiben und Fotos, Videos oder Tonaufnahmen zusenden, um das professionelle Trinken zu dokumentieren und sich gegenseitig zu motivieren. Als besonders beliebt erweist sich hierbei das aktuelle Pro Goenning-Lied, welches man gemeinsam im Chor oder sich gegenseitig vorsingt. Es geht in etwa so:
„Proo-ooo Goenning,
es ist professio-
nelles Trinken.
Proo-ooo Goenning.
Es ist professionell
und es ist Trinken.“
Ich weiß, dass Ihr das alle total stark und erstrebenswert findet und Euch fragt, wie man nur Mitglied von Pro Goenning werden kann. Leider muss ich Euch enttäuschen: Man kann erst zehn Jahre nach Antragstellung Mitglied werden. Besondere Aufnahmekriterien sind mir nicht bekannt, aber z.B. jemand, der Straight Edge oder trockener Alkoholiker ist, dürfte schlechte Karten haben. Bei Interesse kann ich den Kontakt herstellen.
Weihnachten: Trinken und Tauchen
Da Stefan und Marcel von einer Erkältung angeschlagen angereist sind, konnten die Zwei zunächst nicht so intensiv tauchen, wie sie das angedacht hatten. Schließlich hatten sie 30 Tauchgänge für knapp drei Wochen gebucht. Das hat sie allerdings nicht davon abgehalten, professionell zu trinken. Und herfür war Moalboal ein prädestinierter Ort: Ein kleiner, netter Backpackerort mit zahlreichen Unterkünften und Bars in Laufweite.
Die ersten beiden Abende haben wir schon ganz gut durchgezogen, aber an Heiligabend haben wir es dann richtig krachen lassen. Zunächst hat Schocki in unserem Hostel den Weinachtsmann gespielt und Geschenke verteilt. Steffi bekam Marzipan aus Deutschland, ich einen Eintracht-Schal und Zaunos einen Stempel mit der Aufschrift „Der Doif war fett“ (=“das war ein sehr guter Tauchgang“), den er sich nach jedem Tauchgang in sein Logbuch stempeln konnte.
Anschließend gab es zusammen mit anderen Hostelgästen ein gemütliches Weihachtsabendessen und dann ging es los in die Chili Bar. Da schon am frühen Abend mit dem Trinken begonnen wurde und es jede Menge Cola-Rum gab, sind Steffi und ich schon im 2 Uhr im Bett gelandet. Die beiden Profis haben bis 7 Uhr durchgezogen und noch lustiges Fotos gemacht, die ich hier besser nicht veröffentliche.
Für ein wenig Weihnachtsstimmung sorgten auch die Kinder Moalboals, die den ganzen Tag in Gruppen umherzogen und vor Restaurants und Geschäften Weihnachtslieder sangen, um als Gegenleistung etwas Geld zu bekommen. Leider übertrieben es die Kinder ein wenig, so dass alle fünf Minuten eine neue Gruppe vor einem stand, wenn man in einer Bar saß. Und das ging wohl schon einen Monat vor Weihnachten los. Einmal stellte sich uns beim umherschlendern auch ein kleiner, etwa vierjähriger Junge in den Weg und befahl: „Give me money!“ Früh übt sich…
Die nächsten Tage haben wir es etwas ruhiger angehen lassen, die Zwei haben ihr Tauchen intensiviert und wir sind auch einmal mitgegangen. Dabei haben wir auch Bekanntschaft mit Gerhard, einem alten, fetten, unausstehlichen Arzt aus Österreich, gemacht. Gerhard saß immer bereits 15 Minuten vor Abfahrt übellaunig in voller Ausrüstung auf dem Boot und hat über jeden gemeckert, der zu spät kam. Dummerweise war er in unserer Tauchgruppe und da Steffi und ich noch nicht so erfahren sind, wie er, hat es bei unserem Abstieg etwas länger gedauert und er kam anschließend aus dem Meckern gar nicht mehr heraus. Nur ins Gesicht sagen konnte er uns nicht, was ihm nicht passte. Seine Frau hat er durch diese Art wahrscheinlich schon längst vertrieben, denn er war allein mit seinem etwa dreizehnjärigen Sohn, der den lustigen Namen Hannu trägt, im Urlaub. Hannu hat nie etwas gesagt und wirkte insgesamt sehr eingeschüchtert. „Hannu, in einer Stunde und fünf Minuten musst Du beginnen, Dich auf den nächsten Tauchgang vorzubereiten!“, befahl ihm sein herrischer Vater einmal.
Abends haben wir Vier meistens zusammen gegessen, aber zwischendurch brauchte die arme Steffi auch mal einen Tag Pause von den Beiden, da Pro Goenning doch ein Dauerthema war und immer wieder das Lied angestimmt wurde und die Worte / Sätze „das kannste keinem anbieten“, „was solls“, „doiven“, „30 Meter insta drop“, „I‘m still diving with Peppward“ sowie Anekdoten vom Pro Goenning-Vorzeigemitglied „Starfish“ in der Dauerschleife liefen. Sie hat sich aber insgesamt doch sehr tapfer geschlagen, wodurch sie sich sehr viel Respekt und Anerkennung bei den Profis verdient hat.
Ein armes Tier
An unserem letzten Abend in Moalboal haben wir dann doch nochmal alle richtig mitgezogen und sind in die Bar 7 Sins gegangen. Hier haben wir eine lange Zeit mit einer Gruppe junger Philippinas zusammengesessen von denen die meisten mich für 40 plus hielten. Sonst werde ich in der Regel auf Ende 20 geschätzt. Wahrscheinlich hatte die Woche mit Pro Goenning doch schon einige Spuren bei mir hinterlassen.
In der Bar stromerte auch ein armer, erbärmlicher Köter einsam umher und hat Essbares und Nähe zu Menschen gesucht. Auf den Philippinen gibt es jede Menge Straßenhunde und die meisten sind recht aktiv, einigermaßen bei Kräften und haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Dieses arme Tier schlich immer nur einsam und schreckhaft umher und war ganz klar ein Außenseiter in der Hundegesellschaft Moalboals. Er war auch wirklich das räudigste Tier, das ich jemals gesehen habe.
Der Hund war mir schon an den Tagen zuvor aufgefallen und hat mich zum Grübeln gebracht, doch nach ein paar Getränken an diesem Abend wurde es mir plötzlich klar: Jesus ist auf die Erde zurückgekehrt und hat die Gestalt dieses Hundes angenommen. Er ist gekommen, um uns zu testen. Wer sich mitleidig mit ihm zeigt und ihm etwas Gutes tut, landet im Himmel. Wer ihn aufgrund seines Äußeren und seines Gestanks ablehnt, in der Hölle. Ich war ziemlich überzeugt davon und habe es auch einem Amerikaner und den Philippinas erzählt. Die gläubigen jungen Damen wussten jedoch nicht, was sie dazu sagen sollten. Die Barkeeperin hat Jesus später mit Chips gefüttert. Ihr Seelenheil ist gerettet!
Tote Hose im Süden
Kurz vor Jahresende haben wir vier Moalboal verlassen. Die beiden Profis sind nach Liloan, ganz im Süden Cebus, gezogen, wo sie in einem Tauchresort untergekommen sind. Steffi und ich haben uns in einem Hostel im Südwesten Cebus, in Boljoon einquartiert. Unser Nordzee Hostel lag direkt am Meer, aber im ganzen Süden von Cebu ist nichts los. Es gibt eine Hauptstraße, die an der Küste entlang läuft, welche auch fast durchgehend von kleinen Hütten umsäumt ist, aber mit El Nido oder Moalboal konnte man die Ortschaften nicht vergleichen. Kleine Kioske, winzige Wohnhäuser, die aber eher Hütten waren, Backwarenläden und Mini-Karaoke-Hütten, Motorräder, viele Menschen vor den Hütten, Straßenhunde und Hühner zeichneten das Straßenbild. Zwischendurch mal eine Hotelanlage. Die Gegend haben wir an einem Tag mit einem Motorroller erkundet und sind auch zu den Tumalog Wasserfällen gefahren, welche allerdings von badenden einheimischen Jugendlichen völlig überlaufen waren.
In der Nähe gab es den kleinen Ort Oslob, der für seine Walhai-Fütterungen bekannt ist. Man kann dort vom Boot aus, tauchend oder schnorchelnd den Fütterungen zusehen. Wir fanden das nicht so reizvoll, da es mit 20 Touristenbooten auch total überlaufen war. Außerdem hatten wir nach unserem Delfinspaß in Mexiko immer noch Gewissenbisse, auch wenn die Walhaie hier frei sind. Wir haben dem Treiben aber vom Ufer aus zugeschaut, wo wir in einem kleinen Restaurant aßen und einen ganz tollen Dialog mit der Kellnerin hatten:
Steffi: „Do you have salad?“
Kellnerin: „…“
Steffi: „Salad!“
Kellnerin: „No.“
Steffi: „You don’t have salad?“
Kellnerin: „No, only vegetable salad.“
Jemand hat mal gesagt, dass man bei vielen Philippinos das Gefühl hat, dass sie auf Valium sind. Das Gefühl hatten wir manchmal auch. Aber wir haben ausnahmslos freundliche Leute getroffen und der Großteil war schon einigermaßen „auf Zack“, wie man so schön sagt.
Unser Hostel in Boljoon wurde von einem mittedreißigjährigen Holländer geführt, der ganz gerne Bier trank und vorbildliche Pocke an seinem sonst recht schlanken Körper vorweisen konnte. Zu Steffis großer Freude gab es viele Hundebabys im Hostel, zu Ihrem Leid aber auch den Vater dieser Babys, der sie an einem Abend immer besteigen wollte. An Silvester ist Pro Goenning nochmal vorbeigekommen, konnte aber nicht die gewohnte Performance bieten, da Marcel nun auf Antibiotika und Stefan etwas müde war. So wurde es ein etwas ruhigerer Abend und um Mitternacht konnten wir aufs Meer schauen und dem Feuerwerk anderer Inseln, die am Horizont lagen, zuschauen.
Terror für die Ohren
Erwähnenswert ist noch die Karaoke Bar, die neben dem Hostel und direkt vor unserem Schlafzimmer war. Als wir am Hostel ankamen, dachte ich, es sei lediglich ein kleiner Kiosk. Im Hinterzimmer muss allerdings ein riesiger Lautsprecher gestanden haben, denn wir standen während unseres Aufenthalts fast pausenlos unter Dauerbeschallung. Es gehört wohl zum Alltag in diesem Land, dass man mit seinem Motorrad umherfährt und zwischendurch mal an einer Karaoke Bar anhält, um dort ein bisschen zu singen.
Von morgens um neun bis morgens um acht Uhr durften wir uns sehr schief gesungene Rockballaden und andere Schnulzen anhören, die zu 90 Prozent von völlig talentbefreiten Männern gesungen wurden. Es war unerträglich und sehr laut. Einmal haben wir dort vorbeigeschaut, um zu sehen, was da los ist. Es saßen einfach nur drei Männer in dieser kleinen Hütte rum und einer hat halt gesungen.
Bye, bye, Philippinen
Ganz zum Ende unseres Philippinenaufenthalts sind wir auf die kleine Insel Siquijor südöstlich von Cebu gefahren. Dort waren wir in einem schönen, von Japanern betrieben Resort und haben viel relaxt, sind zum Strand gefahren und haben nochmal getaucht.
Die Reise nach Myanmar, unserem nächsten Land, hatte es auch in sich: Morgens um halb sechs wurden wir zur Fähre gebracht. Dann eine Seefahrt nach Dumaguete und dort mit dem Tricycle zum Flughafen. Mit dem Flieger weiter nach Manila und dort ein paar Stunden auf den Flug nach Kuala Lumpur, Malaysia gewartet. Am Flughafen von Kuala Lumpur haben wir mal wieder auf einem Kinderspielplatz die Nacht verbracht und am nächsten Morgen ging es weiter mit dem Flugzeug nach Yangon (Rangun) in Myanmar. Dort vom Flughafen mit dem Taxi in unser Gästehaus und nach einer Reisezeit von 29 Stunden ab ins Bett.
Die fünf Wochen auf den Philippinen waren ursprünglich gar nicht eingeplant, aber da Stefan hier Urlaub gemacht und wir noch keine konkreten Ziele für Asien hatten, sind wir einfach mal hergeflogen. Wir haben ein schönes Land mit netten Menschen kennengelernt. Ein wenig hat uns etwas Kulturelles und Abwechslung in der Landschaft gefehlt, aber wir hätten dafür ja auch zu den Reisterrassen in Norden des Landes oder zu den Chocolate Hills auf Bohol fahren können.
So haben wir die meiste Zeit am Wasser verbracht, was auch sehr schön war, aber wir sind jetzt auch ganz froh, mal wieder etwas anderes zu sehen. Wir denken sogar immer häufiger an zu Hause und haben erstmals das Gefühl, langsam genug gereist zu sein. Dennoch werden wir auch die letzten Wochen noch in vollen Zügen genießen, denn zu dieser Jahreszeit wollen wir auch noch nicht heimkommen.
Die Leute hier waren, wie gesagt, alle sehr nett und total entspannt. Sehr praktisch ist, dass so ziemlich alle gutes Englisch sprechen und fast jegliche Beschilderung oder sonstige öffentlichen Informationen auf Englisch sind. Allerdings waren auch auffällig viele Leute sehr langsam im Kopf und das Wort Pragmatismus dürfte hier in weiten Teilen unbekannt sein, weshalb man ein wenig Geduld mitbringen sollte. Auch für das Reisen im Land sollte man Geduld und Zeit mitbringen, aber vor allem letztere hatten wir ja en masse.
In Myanmar werden wir in Kürze für ein paar Tage in einem kleinen Hotel arbeiten und freuen uns schon auf Land und Leute. Unser erster Eindruck von Land und Leute ist nach einem Tag schon ein guter. Zwar spricht hier fast niemand Englisch, aber Valium ist hier wohl nicht so weitverbreitet. Wir haben auch schon viele Tipps zu spannenden Orten gesammelt, von denen Euch dann endlich wieder Steffi im nächsten Artikel in ein paar Wochen berichten wird.
Da ist er endlich, der nächste Bericht. Es stimmt uns hoffnungsvoll, dass ihr eventuell vielleicht möglicherweise bald heimkommen wollt! Hoffentlich habt ihr die Zeit mit “Pro Geonning” unbeschadet überstanden. Ich hatte euch ja gewarnt.
Schöne Bilder & unterhaltsame Berichte…Man bekommt immer wieder Fernweh bei euren Einträgen. Gerade bei unserem aktuellen Wetter Liebe Grüße aus Hamburg!