Vancouver – Ankunft im Partyhostel
Angekommen
Nach insgesamt 30 Stunden Reisezeit inklusive zehn Stunden Aufenthalt am Flughafen von Peking haben wir nun mit Nordamerika die nächste Station unserer Weltreise erreicht. Ein gravierender Unterschied, der uns gleich aufgefallen war, ist, dass es Abends endlich wieder hell war. War es im australischen Herbst zuletzt bereits um 18 Uhr stockfinster, ist es im kanadischen Frühling noch um 22 Uhr hell. Wettertechnisch war kein großer Unterschied zwischen Sydney und Vancouver zu erkennen. Derzeit in etwa wie in Hamburg.
Das Wetter konnte uns zunächst ohnehin egal sein, denn wir verbrachten die ersten drei Tage tagsüber größtenteils im Bett. Das lag zum einen am Jetlag, der vor allem mich, nachts nicht schlafen ließ. Steffi nahm, wie immer, einfach einen Schluck von ihrem Eukalyptussaft, und hatte so keine Probleme. Der Kater, den wir als Folge des ersten Abends die ersten beiden Tage hatten, setzte uns jedoch beiden zu.
Der erste Abend
Unser Domizil für die ersten Tage in Vancouver war das Cambie Hostel, welches uns wärmstens von einem Kanadier, den wir in Byron Bay / Australien getroffen hatten, empfohlen wurde. Er sollte mit seiner Empfehlung recht behalten. Am ersten Tag ist zeitgleich zu uns ein ziemlich lustiger, geselliger Österreicher namens Daniel in unser Zimmer eingecheckt. Für Daniel war es nach seinem fünfmonatigen Auslandssemester in Vancouver bereits der letzte Abend, und daher wollte er es nochmal so richtig krachen lassen. Trotz derben Jetlags konnte er uns überreden, nach einer Mütze Schlaf “auf ein Bier” abends in die dem Hostel zugehörige Bar, zu kommen.
Und so fanden wir uns dann abends mit Johanna aus Franken, die in Vancouver gerade Ihre Masterarbeit fertiggestellt hat, sowie Stefanie und Jakob aus Österreich, die hier derzeit leben und arbeiten, am Tisch wieder, und tranken einen Pitcher Schwarzbier nach dem anderen. Da zeigte sich wieder, dass Deutsche und Österreicher sich besonders gut verstehen. Es war eine gesellige, nette Runde, diesmal ohne Weltherrschaftspläne, und später stießen auch noch Viktor, ein russischstämmiger Kanadier und Mani, ein Künstler aus Singapur dazu. Johanna, Stefanie und Jakob verabschiedeten sich später, da letztere am nächsten Tag arbeiten mussten, und so zogen wir mit Daniel, Mani und Viktor noch weiter, um die Nacht fortzusetzen, denn die Cambie Bar schloss bereits um drei Uhr nachts.
So sind wir dann durch die Gegend geirrt, aber nichts hatte mehr auf. So haben wir uns dann einfach in einen Park gesetzt, und die Vodka Flasche, die Viktor für schlappe 70 Kanadische Dollar per Kurier hat kommen lassen, getrunken. Auf weitere Details gehe ich besser nicht ein. Auf jeden Fall haben wir von Viktor und Mani, diesen sehr ungleichen, aber durch die unbändige Feierlust doch tief verbunden Freunde, noch das Angebot bekommen, mit ihnen in ein Haus zu ziehen. Es würde jeden Tag gefeiert, am nächsten morgen jedoch auch wieder aufgefräumt werden. Klang verlockend, aber dafür sind auch wir nun doch schon etwas zu alt.
Am nächsten Morgen lag Daniel, der nicht mit uns nach Hause gekommen war, im Bett unseres vierten Zimmergenossen, komplett angezogen, nicht zugedeckt, und laut schnarchend. Wie uns unser vierter Mitbewohner, ein älterer französischer Mann, später erzählte, war er wohl morgens nur kurz im Bad, und als er wieder kam, lag Daniel plötzlich in seinem Bett. Der Franzose hat ihn dann einfach dort liegen gelassen und ist in die Stadt gegangen. Jedenfalls wussten wir, dass Daniel um elf Uhr auschecken und spätestens um halb eins zum Flughafen aufbrechen musste. Allerdings hat er geschlafen, wie ein Stein und es brauchte mehrere Versuche, um ihn endlich wach zu bekommen. Bei einem Versuch habe ich ihn von meinem Bett aus mit einer Wasserflasche bespritzt. Er schreckte dann kurz hoch, riss die Augen auf und rief mit seinem lustigen österreichischen Akzent “Krieg?!?” und fiel sofort wieder um. Letztendlich, auf den letzten Drücker, haben wir ihn doch noch wecken können und er hat auch seinen Flieger bekommen und ist wieder dahoam. Daniel, falls Du das ließt, wir haben einen gut bei Dir!
Das Cambie Hostel
Das Cambie Hostel ist ein sehr cooles Hostel, welches in Gastown liegt. Es gefällt mir persönlich am besten von allen bisherigen Hostels. Die Gäste sind in Sachen Alter und Nationalität sehr gemischt (nicht nur deutsche Abiturienten wie überall in Neuseeland und Australien) und es herrscht insgesamt eine sehr freundliche, entspannte Athmosphäre. Man kommt schnell ins Gespräch und lernt verschiedene Leute kennen. Es ist aber auch ein Party Hostel, was auch an der angeschlossenen Bar liegt, aber irgendwie doch erträglich. Das Beste ist: In der Bar steht ein akzeptabler Kickertisch! Allerdings sind die Gegner allesamt Kanonenfutter weil es hier nicht so eine ausgeprägte Kickerkultur gibt, wie z.B. in Hamburg.
Wir hatten ein Vierbettzimmer, welches wir während der gesamten Zeit mit dem vorhin erwähnten Franzosen teilten. Die vierte Person hat fast täglich gewechselt. Das lustige war, dass sich fast jeden Tag jemand in das Bett des Franzosen gelegt hat, weil dieser so ordentlich war, dass das Bett unbenutzt aussah. Mal musste der Franzose selbst dafür sorgen, dass er sein Bett wieder bekommt, mal haben wir den neuen Gast darauf hingewiesen, wenn dieser gerade dabei war, das Bett zu beziehen. Es entwickelte sich schon ein Running Gag zwischen dem Franzosen und uns.
Zu Vancouver
Die Stadt an sich konnten wir uns aus besagten Gründen erst nach drei Tagen zum Teil anschauen. Mir gefällt es ganz gut hier, aber ich hatte mir es doch noch etwas schöner vorgestellt. Vancouver hat auf jeden Fall Flair, aber vom Stadtbild haben mir die australischen Städte bisher besser gefallen. Wir haben bisher auch nur Downtown gesehen. Vielleicht lag es auch am Wetter. Gastown ist ganz nett, auch architektonisch, aber ansonsten besteht Downtown größtenteils aus vielen, recht hässlichen Wolkenkratzern. Positiv aufgefallen sind in Downtown English Bay, eine nette Strandpromenade und der Stanley Park, ein ziemlich großer, bewaldeter Stadtpark. Die Berge kann man auch sehen, wenn klare Sicht ist. Und ringsherum um Downtown ist Wasser. Die Leute sind nett und es ist ziemlich alternativ hier. Ich mag Vancouver!
Ansonsten sind uns die vielen Obdachlosen, insbesondere in Gastown und Chinatown aufgefallen. Es sind einfach unglaublich viele. Sie sind zum Glück ganz friedlich und sehr kreativ, wenn es um Schnorrmethoden geht. Der eine macht Musik, der nächste kritzelt Portraits auf ein Stück Pappe, der nächste erzählt schmutzige Witze. Es gibt sogar einen Obdachlosenflohnmarkt, auf dem Obdachlose Dinge, die sie besessen oder aufgetrieben haben, verkaufen. Dennoch sehr traurig, so viele gesellschaftlich abgehängte zu sehen, die keine staatliche Unterstützung bekommen.
Außerdem weht immer mal wieder, auch im Hostel, ein Marihuanadüftchen durch die Luft. Man liegt z.B. Nachts im Bett und auf einmal zieht eine Prise Graß von unten durchs Fenster oder unter der Türritze hindurch. Auch nicht schlecht.
Und sonst so
Der Stadtteil Kitsilano war ebenfalls sehr schön. Dort haben wir uns zum Brunchen mit Stefanie und Jakob im Cafe Zen On Yew getroffen. In Kanada ist brunchen wohl ein ganz großes Ding und es war auch super lecker! Es gab “Bennies”, pochierte Eier, auf englischen Muffins mit Sauce Hollandaise, wahlweise mit Bacon, Champignons und anderem Zeug. Dazu Hash Browns, gewürfelte Kartoffelrösti. Yummi! Dazu gab es “Ceaser”, eine Bloody Mary Cocktailvariation. Schmeckte wie ein großer Mexikaner. Das wäre was für Schocki!
Den Rest des Tages haben wir mit Tejas aus Indien und Lewis aus England verbracht. Wir hatten einen Treffpunkt ausgemacht, diesen aber nicht genau genug definiert. So haben wir uns circa eine Stunde lang gegenseitig gesucht. Mobiles Internet hatten wir zu dem Zeitpunkt nämlich noch nicht. Schwer vorstellbar, wie man sich vor der Zeit der Smartphones ohne diese treffen konnte. Das erforderte auf jeden Fall eine genaue Absprache sowie Pünktlichkeit. Es hat dann doch noch geklappt und wir sind gemeinsam am English Bay entlang und in den Stanley Park gelaufen. Dort haben wir auch den ersten Waschbären angetroffen, der ganz zutraulich und niedlich war. Abends sind wir noch in einen anderen Stadteil gefahren, und haben dort auf Empfehlung von Tejas Tante gut und günstig authentisches indisches Essen gegessen. Kulinarisch bekommt Vancouver bislang eine eins von mir.
Irgendwie haben wir es in der ersten Woche versäumt, gute Fotos von Vancouver zu schießen. Holen wir nach! Da wir immer noch auf unser Arbeitsvisum für Kanada warten, haben wir uns überlegt, wie wir die Zwischenzeit sinnvoll nutzen können. Da ein Konzert von Refused, einer von mir sehr verehrten und immer verpassten Band, in Seattle angekündigt war, haben wir uns spontan entschlossen, viel zu teure Tickets von einem Reseller zu kaufen und schon ein paar Tage eher nach Seattle zu fahren. Hierzu in Kürze mehr.